Elfenfest

Vertraulich

Liebes-Anthologie

der Edition elf

 

ausgewählt von

Sonia Petner und Dirk Strauch

 

 

z.B. mit:

 

 

 

 

Daniel Mylow:  Statuen I  -  Der Park

 

Die schlanken Halme fiel ein Zittern an. Wie ein stummes Raunen füllte es den Bildausschnitt mit gleichmäßig schwankenden Bewegungen, die an der Leere des Raumes zerbrachen. In einer unverrückbaren Krümmung erstarrt, war ihr Arm seltsam reglos geblieben. Über dem modrigen Grau ihrer Gestalt hatten die Schatten der Gräser nur noch die flüchtige Schwere des Zufälligen.

   Doch sie hatte die Hand gar nicht erhoben. Sie hätte es tun sollen. Jetzt war es zu spät.

   Noch war es nur der Wind, dessen Rauschen im Blick ihrer Augen als ein unendlich fernes zersprang und hinabfiel und machte, daß die Gräser sich ins Unhörbare neigten.

   Noch einmal versuchte sie, die Hand, einen Finger nur zu bewegen, doch es blieb nur die Einbildung eines Tastens, das wie in der dunklen Fremde eines Traumes um Hilfe schrie.

   Wieder hatte sie den Augenblick versäumt. Das Licht des Mondes wanderte von ihren Augen fort, über Lider und Stirn hinab ins Gras.

   Traurig löste der Junge seine Hand von dem erkalteten Stein ihrer schlanken Finger. Rasch eilte er durch das nächtliche Schweigen dem Ausgang zu.

   „Märchen“, dachte er.

 

 

 

 

Dietmar Hübner:  Asyl

 

Bei Nacht

Legt sie mir manchmal

ihr Herz auf die Brust.

Dort schlägt es,

Während sie in fremden Treppen steigt.

Und blasses Wasser

Rinnt aus Kammern,

zu den Hüften, über’s Laken,

Als wollte es Blut sein.

 

Dann geht

Mein Blick zur Krippe vor der Wand.

Das Kind hat

Augen wie gefrorene Trauben.

Und liegt so still,

Als wüsste es schon,

Mehr Glück ist nicht in der Welt.

 

                                        

 

 

 

DAN: Perlfisch

 

Deine Zunge in meiner Teilung,

am Perlvorsprung,

dem Findling

dieses feuchten Gartens.

Den Sternnerv treffend,

das Nervkrönchen

umwandernder Samtfisch,

bezunge mich

wo er sich auftut, mein Leib

wo er sich flügelt.

Lass deinen Mund hafen

am Nassgelegten,

lass ihn schwimmen

den Warmfisch

in meinem Gewässer.

Lass ihn trinken

vorm Tor des Meeres.

Leg die Zunge, selbst Samt

zum Samt zur Weichfurt

die kein Wort kennt,

über deren Lippen nur Lust kommt.

 

 

 

 

René Oberholzer : Der Beweis

 

„Du, ich habe mich in dich verliebt.“

   „Schön, ich gebe dir 1 Minute, um mir das zu beweisen. Die Zeit läuft jetzt.“ Sie schaut auf die Uhr. Er schaut auf die Uhr. Noch 56 Sekunden. Er nimmt ein Taschentuch aus der Hosentasche. Schneuzt sich. „Die Zeit läuft“, sagt sie. Noch 49 Sekunden. Er beginnt einen Satz: „Ich liebe deine...“ Hört auf, beginnt wieder mit: „Ich liebe dein...“ kommt nicht weiter. Setzt sich auf den Boden. Noch 36 Sekunden. Denkt nach. „Ich liebe deine...“ Stoppt fängt von vorne an. „Du bist die...“.

   Stoppt abermals. Sie sagt: „Diese Formulierung ist nicht erlaubt.“ Noch 18 Sekunden. Er schaut sich um. Eine Frau läuft an ihm vorbei. „Schau, diese schöne Frau“, sagt sie. Gefällt sie dir nicht.“ „Doch“, sagt er. Dann schaut er auf die Uhr und schweigt.

   Die letzten Sekunden brechen an. Er steht ihr gegenüber und schaut wie sie auf die Uhr. Gleichzeitig sagen sie: „Die Zeit ist abgelaufen.“

 

 

 

 

Außerdem dabei:

 

Thomas Beller - Frauke Baldrich-Brümmer - Knut Gewers - Edda Gutsche  - Stefan Heuer - Marie Jakob - Gerald Jatzek - Maria Anna Leenen - Kerstin Leppert - Dieter P. Meier-Lenz - Frank Milauzcki - Sonia Petner - Roman Schmidt - Hein Stein - Rebecca Steltner - Andrea Thierbach - Irma Volta - Georg Walter - Christiane Weber - Robert Weber - Kerstin Willuhn - ZaunköniG

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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